schliessen

A-Z

Studien

Wissenschaftlichkeit und Studien

("Wissenschaftlichkeit" ist hier im engeren Sinne des westlichen Verständnis, der normativen Methodik, Objektivierbarkeit, etc. gemeint.)

In der klinischen Forschung wird versucht, den Einfluss von TCM auf den Krankheitsverlauf bestimmter Krankheiten mit westlichen Massstäben und -systemen zu messen oder eben „wissenschaftlich“ zu belegen. Aus verschiedenen Gründen ist dies aber für die TCM eine eher ungeeignete Art, deren Potential darzulegen. Zum einen, weil sie über eigene Denkmodelle und Masssysteme verfügt, zum anderen, weil in der TCM die subjektive Wahrnehmung, sowohl des Patienten wie auch des Therapeuten, einen untrennbaren Bestandteil bilden, der bewusst zur Diagnose und Therapie eingesetzt wird. Obwohl sie gut wirken und kaum unerwünschte Nebenwirkungen haben, ist es n den Studien der westlichen Medizin normalerweise umgekehrt das Ziel, Placeboeffekte und psychosoziale Faktoren zwischen Therapeut und Patient möglichst auszuschliessen.

Nachdem der deutsche Bundesausschuss für Ärzte und Krankenkassen im Jahre 2000 Akupunktur aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen haben, reagierten eine Grosszahl deutscher Krankenkassen und Sozialversicherungen mit der Lancierung der bis dahin umfangreichsten europäischen Studie über den Einfluss der Akupunktur bei chronischen Schmerzen: gerac.de. Auch wenn dabei nur sehr geringe Unterschiede zwischen Shamakupunktur (Behandlung von bewusst falsch lokalisierten Akupunkten) und richtiger Akupunktur gemessen wurden, sind die Resultate beider Anwendungen erstaunlich: Punkto Heilerfolg lassen sie alle anderen Disziplinen (Physiotherapie, moderne westliche Medizin, etc.) weit hinter sich. Und dennoch findet die Studie seitens TCM Fachpersonen Kritik: "Die Erfolgsquote könnte nochmals wesentlich gesteigert werden, wenn die ausführenden Behandler besser in Akupunktur ausgebildet seien und wenn nebst Akupunktur auch die Chinesischen Arzneimittel eingesetzt würden." Ausserdem könne mit der Standardisierung und damit Reduzierung einer Therapiestrategie auf ein einzelnes Symptom nicht das volle Potential der TCM ausgeschöpft werden. Die Durchführung einer wissenschaftlich anerkannten Studie erfordert bislang leider jedoch klar abgegrenzte Symptome. In der TCM bilden die Symptome nur einen Bestandteil der ganzheitlichen Diagnose und folglich der Therapie.

In China wurde in den letzten 40 Jahren zu TCM Studien en masse produziert, so ganz à la made in China. Der Grossteil davon hält westlichen Kriterien aber nicht stand und ist daher wenig aussagekräftig. Ein viel kleinerer, dafür hochwertigerer Teil ist aber immer noch von beachtlicher Grösse und erfüllt hohe wissenschaftliche Standards. Dazu kommen Studien, die ausserhalb Chinas produziert wurden, vor allem in Korea, Japan, den USA, Australien, Israel und Europa.
Insgesamt schneidet die TCM dabei gut bis sehr gut ab. Wer heute noch sagt, TCM sei nur eine Sache des Glaubens (Placebo) ist wissenschaftlich gesehen rückständig. Trotzdem gibt es noch viel zu tun. Obwohl TCM hinsichtlich der Forschungsresultate weltweite Anerkennung findet, werden die Studien immer noch nur auf die westlichen Endgrössen ausgelegt, also auf Symptome (konventionelle Medizin) statt auf ganzheitliche Muster (TCM). Ausserdem wird vorwiegend mit Akupunktur gearbeitet. Das volle Potential würde TCM erst dann entfalten, wenn man ihren gesamten Nutzen, also die ganzheitliche Wirkung beim Einsatz der ganzen Palette (inklusive Lebensstrategien, Ernährung, Arzneien, Tuina, etc.) messen würde.

Abgesehen davon stellt sich die Frage nach dem Zweck der bisherigen wissenschaftlichen Forschung. Es wird mit Zahlen und objektivierbaren Werten gearbeitet. Unsere Heil- und Lebenskünste richten sich aber nach dem subjektiven Empfinden. Für uns ist das Befinden wichtiger als der Befund. Anstatt Wissen-schaft zu betreiben, sollte das Pendel vermehrt in Richtung Verständnis-schaffen schwingen. Wir können uns mehr zwischenmenschliche Zeit schenken, den Raum schaffen für Qualitäten wie Intuition, Freude und Liebe. Die Aufgabe der Mediziner bzw. Heilberufler würde sich mehr dahin verschieben, Verständnis für die Prozesse zwischen dem Mensch und seiner Umgebung zu schaffen und so die Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Sowas in reinen Zahlen zu messen oder begründen, ist schwierig. Es sei denn, man will statt Wissen zu schaffen (Wissenschaft) wirklich Forschen, und dabei neugierig und offen bleiben.