Yin Yang bildet das grundlegendste, theoretische Entsprechungsmodell der Chinesischen Medizin. Es ist gleichzeitig einfach und komplex. Ursprünglich verkörperte es zwei Aspekte einer Sache, die entsprechend der Bedeutung der Chinesischen Schriftzeichen der Schatten- und Sonnenseite eines Berges gelten. Wenn Du Dir die jeweiligen Verhältnisse, die dort vorherrschen, verbildlichst, wird es Dir gelingen, das Yin Yang-Spiel im nachfolgenden Text etwas zu entziffern.
Nochmal zur Wiederholung:
Yin = Schattenseite des Berges = kühl, feucht, dunkel
Yang = Sonnenseite des Berges = warm, trocken, hell
Obwohl sie sich zu häufig hinter den Wolken (Yin, dunkel...) versteckt, scheint die Sonne (...Yang, hell) nun täglich wieder spürbar länger. Die über den Winter (Yin, kühl, ruhig) gesammelte Energie unter der Erde (Yin, kühl, nährend, unten) richtet sich bereits wieder nach oben (Yang, Wärme steigt) und nicht mehr lange, ehe die Knospen der Schneeglöckchen und Krokusse den Frühling (Yang, nach oben) ankündigen.
Auch für uns Menschen (Yang, Menschenkinder) sind die Zyklen der Natur (Yin, Mutter Erde) spürbar. Dieser Winter (Yin, kalt) mag zwar nicht ganz so kalt (Yin) gewesen sein, dennoch mangelte es an Sonne (Yang, warm) und manch einer steckt noch im Winterschlaf (Yin, Erholung) fest. Wer unter Startschwierigkeiten (Yang-Mangel) leidet oder andere Probleme loswerden und in seine Mitte (Yin-Yang-Balance) kommen möchte, den unterstützen wir gerne mit Chinesischer Medizin (die auf raffinierte Weise das Gleichgewicht zwischen Yin und Yang wiederherstellt)."
Kurzgefasst könnte man Yin Yang als syntagonistisch-dynamisch, realtiv, generisch, dialektisch und reziprok bezeichnen, doch sowas versteht kaum einer, drum hier ein paar Beispiele dazu:
Sind Männer Yang und Frauen Yin?
Die erste, sehr wichtige Gesetzmässigkeit von Yin und Yang: Es existieren keine feste Zuordnungen, sondern nur dynamische Vergleiche. Ob Yin oder Yang, jeder Aspekt ist abhängig von seinem Umfeld (= relativ) und jeder Aspekt lässt sich immer wieder neu aufteilen. Weil z. B. "weiblich" im Gegensatz zu "männlich" meistens dem Yin zugerordnet wird, heisst das noch lange nicht, dass Frauen nur Yin sind. Die meisten Frauen können im Vergleich zu Männern zwar schon eher als Yin-Wesen betrachtet werden, doch zum einen besitzen sie immer zahlreiche Yang-Aspekte und Yang-Fähigkeiten, zum andern können sie manchmal auch insgesamt mehr Yang besitzen als gewisse Männer. Natürlich gilt das ganze auch umgekehrt bei Männern. Ausserdem zeigt ein Mensch je nach Situation, Be- und Umgebung mal mehr seine Yin oder Yang Seite (= dynamisch-relativ).
Sex ist Leben
Zwischen Himmel (Yang) und Erde (Yin) entsteht Leben (Qi). Es ist also die Dynamik von Yin und Yang, Einatmen und Ausatmen, Nacht und Tag, Regen und Sonne, welche dieses Wunder ermöglicht. Wenn sich zwei Lebewesen mit ihren gegengleichen Energien (Yin und Yang) vereinen, löst sich die Polarität auf, es kommt zu einem Kurzschluss im Universum und daraus, aus dem Nichts und Allem, kann ein neues Lebewesen entstehen (= generisch).
Ja, Himmel und Erde nochmal!
In Bezug auf das Geschlecht ist die Zuordnung von Yin und Yang meistens, aber eben nicht immer (Transsexualität) einfach. Vergleichen wir den Mensch mit Himmel und Erde: Angenommen, Yang entspreche der aufwärts gerichteten Energie, da Wärme (wie andere Yang-Aspekte) steigt. Yin entspricht folglich der abwärts gerichteten Energie, da Kälte und Feuchtigkeit nach unten sinken. Also ist der Himmel = Yang und die Erde = Yin.
A) Im Vergleich zur Erde ist der Mensch also Yang und die Erde Yin; so weit so gut.
B) Doch wenn Mensch und Himmel verglichen werden, ist der Himmel Yang und der Mensch ist Yin!
Je nach Kontext (Himmel oder Erde) ist der Mensch in diesem Beispiel also mal Yang (bei A) und mal Yin (bei B). Yin und Yang sind folglich relativ und dialektisch.
Der kleine weisse und der kleine schwarze Punkt
Der kleine weisse Punkt (Yang) im schwarzen Teil (Yin) des Yin Yang-Zeichens nennt sich das "Yin im Yang" und der weisse Punkt im schwarzen Teil "das Yang im Yin". Beispiele für Yang im Yin sind eine Blume, die in der Nacht (Yin, dunkel) wächst (Yang, Aktion, nach oben) oder das Testosteron (Yang, männliches Sexualhormon) bei Frauen (Yin). Ein Beispiel für das Yin im Yang ist ein Sommerregen, Sommer = Yang, Regen = Yin, usw. Im vorliegenden Text können übrigens auch die Knospen (Yang, entstehen, erblühen) der Krokusse und Schneeglöckchen (Yin als Basis der Knospen) als Yang im Yin betrachtet werden.
Yin beschränkt Yang und umgekehrt (= reziprok)
Die Wolken (Yin, kühl, dunkel) und die Sonne (Yang, warm, hell) stehen im ständigen Wechselspiel zueinander. Die Wolken können die Sonnenstrahlen etwas von der Erde zurückhalten (Yin beschränkt Yang), die Sonne kann die Wolken aber auch durch Wärme auflösen (Yang beschränkt Yin). Dass warme Luft mehr Wasser speichert wäre übrigens wieder ein Beispiel des Yin (speichern...) im Yang (...durch Sonnenwärme).
Yang geht aus dem Yin hervor, Yin erzeugt Yang (= generisch)
Ein wundervolles Wechselspiel: Das Wasser (Yin) wird von der Sonne (Yang) aus dem Meer verdampft (Yang) und in den Himmel (Yang) gehoben, wo es wieder zu Wolken (Yin) kondensieren (Yin) kann.
Yang im Yin
Im Winter (Yang) geht die Energie (Yang) zurück in die Erde (Yang im Yin), um sich dort zu erholen (Yin). Reichliches Yin (gute Ressourcen) ist also die Basis für ein starkes Yang. Wie bei einem Feuer (Holz = Yin, Flamme = Yang).
Yang geht aus dem Yin hervor (= generisch)
Im Frühling (Yang, nach oben) kann diese Energie wieder nach oben (Himmel, Yang) steigen (Yang geht aus dem Yin hervor).
Kein Yang ohne Yin Damit die Flammen (Yang) im Feuer eine gute Grösse haben, braucht es die richtige Menge Holz (Yin) und umgekehrt.
Yin-Mangel
Wer sich in der Nacht bzw. im Winter nicht richtig erholt, der könnte an einem Yin-Mangel leiden. Dann ist nämlich kein richtiges Holz im Feuer, sondern nur Stroh. Das Strohfeuer ist vergleichbar mit Süssigkeiten, die schnell verdauen und kurz kribbelig machen, aber nicht nachhaltig nähren. Weil das schwache Yin (Ressourcen) kein starkes Yang hervorbringen kann, zeigt sich dies beispielsweise durch Startschwierigkeiten im Frühling.
Und wo bleibt denn nun dieses "syntagonistisch"?
Ehrlich gesagt ist das Wort frei erfunden, da unsere Sprache einfach nix besseres zu bieten hat. "Antagonistisch" heisst so viel wie Gegenspieler, doch für Yin und Yang wäre ein Zusammenspiel treffender, drum syntagonistisch. Und das trifft auf alle hier erläuterten Gesetzmässigkeiten zu. "Syntagonistisch" ist aus Sicht des Verfassers der wohl treffendste Begriff für das Zusammenspiel von Yin und Yang.